Wildlife Fotografie: Tipps für Einsteiger

von Julius Kramer | 08.08.2025 | Ausrüstung, Tips und Tricks

Das Fotografieren von wilden Tieren kann extrem fordernd und frustrierend sein. Wildlife Fotografie ist für viele die absolute Königsklasse unseres schönen Hobbys, jedoch auch eine, bei der Anfänger oft schnell die Geduld verlieren.

Tiere, die sich unvorhersehbar schnell, unregelmäßig und plötzlich bewegen, gehören zu den Motiven, die am schwierigsten zu fotografieren sind. Dennoch muss man kein Profifotograf sein oder sich wochenlang im Tarnzelt im Dschungel verstecken, um schöne Aufnahmen von Wildtieren zu machen. Keine andere Art der Fotografie fordert so viel Wissen, Vorbereitung und Übung fordert.

Besonders wichtig ist mir dabei: Das Wohl und das Leben der Tiere ist immer wichtiger als ein Foto! Wenn du es richtig machst, kann die Wildtierfotografie ein großartiges Instrument sein, um das Bewusstsein für bedrohte Arten und schützenswerte Lebensräume zu schärfen. In diesem Artikel teile ich meine wertvollsten Geheimtipps mit dir, damit du schneller bessere Ergebnisse erzielst und dabei die Tiere respektvoll behandelst.

Wildtiere mit Respekt fotografieren

Die Ethik in der Wildtierfotografie ist kein Nebenschauplatz, sondern das Fundament unserer Arbeit. Als Naturfotograf sollte deine Praxis einen positiven Beitrag zu den laufenden Bemühungen zum Schutz der Tierwelt leisten und diese nicht behindern. Der Kern der Tierfotografie ist ein tiefer Respekt vor der Natur – wir sind Besucher in ihrer Welt und ihr Wohlbefinden sollte immer an erster Stelle stehen.

Warum Ethik in der Wildtierfotografie wichtig ist

Der Zweck der Wildtierfotografie besteht darin, die Schönheit und Einzigartigkeit von Lebewesen in freier Wildbahn zu zeigen. Unethische Praktiken bringen nicht nur diesen Zweck in Misskredit, sondern schaffen auch ein unrealistisches Bild von einem Tier. Wenn wir Wildtiere fotografieren, sollten wir uns fragen, ob das Foto, das wir machen, ehrlich und authentisch für den Moment ist.

Mit dem Aufstieg der sozialen Medien wächst die Besorgnis über die Auswirkungen, die das Teilen von Standorten sensibler Wildtiere haben kann, was oft zu einem Anstieg der Besucherzahlen und einer möglichen Zerstörung von Lebensräumen führt. Der Wettbewerb unter den Tierfotografen hat sich verschärft und der Druck, ein “virales” Bild zu schaffen, hat zugenommen. Dieses Konkurrenzdenken veranlasst Natur- und Wildtierfotografen oft dazu, Grenzen zu überschreiten und ethische Erwägungen zu verletzen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Tierwelt unseres Planeten von allen Seiten bedroht ist: Klimawandel, Abholzung und Konflikte zwischen Mensch und Tier. Heutige Wildtierfotografen können sich für ihren Schutz einsetzen, aber sie können der Umwelt auch Schaden zufügen, ob absichtlich oder nicht.

Tiere nicht manipulieren oder füttern

Ein Murmeltier wird gefüttert.
Wildtiere zu füttern um vermeintlich einzigartige Fotos zu erhalten, sollte man vermeiden.

“Ein gefüttertes Tier ist ein totes Tier” – dieser Grundsatz vom Yellowstone-Nationalpark verdeutlicht die Gefahr, die Anfüttern verursacht. Das Beste, was du für ein wildes Lebewesen tun kannst, ist, seine Wildnis zu respektieren. Durch das Füttern gewöhnt sich ein Tier nicht nur an den Menschen – falsches oder ungeeignetes Futter kann auch sein Verdauungssystem schwer schädigen, Parasiten und Krankheiten einschleppen und letztlich unnötiges Leiden und den Tod verursachen.

Die Naturschutzfotografin Daisy Gilardini erklärt: “Das Anfüttern von Wildtieren, um das ‘perfekte’ Foto zu machen, ist leider zu einer normalen Praxis geworden. Schnee-Eulen in Kanada werden mit lebenden Mäusen geködert. Alle ‘Wildtiere’ in Japan werden mit Ködern angelockt, von den Sandhügelkranichen über Schneeaffen, Schwäne, Eulen und Stellersche Seeadler.”

Folgende Manipulationen sind niemals akzeptabel:

  • Tiere in unnatürliche Posen zwingen

  • Kleben oder Fesseln von Tieren, um sie an der Bewegung zu hindern

  • Fangen oder Einsperren von Tieren

Wildtiere können durch das Anfüttern ihre Angst vor Menschen verlieren und aggressiv werden, wenn sie nicht gefüttert werden (so ist es gar nicht so lustig, von einer Horde bettelnder Affen gelagert zu werden). Hohe Konzentrationen von Wildtieren erhöhen zudem die Wahrscheinlichkeit von Revier- und Futterkämpfen und führen oft zur Verbreitung von Krankheiten.

Vermeide laute Geräusche

Neben unbedachtem Einsatz von Blitzlicht können auch laute Geräusche Wildtiere erheblich stören. Rehe haben beispielsweise einen unglaublich guten Geruchs- und Gehörsinn. Sie können Gerüche auf riesige Strecken wahrnehmen. Daher sollten wir uns grundsätzlich gegen den Wind auf das Tier zubewegen und uns sehr leise und langsam fortbewegen. Hektische Bewegungen, vor allem Änderungen im Profil, bemerken die Tiere schnell.

Denk daran: Ein Tier, das von Menschenmassen umzingelt ist, ist ein gestresstes Tier – besonders, wenn es wild ist. Zu den Störungen gehören sowohl direkte als auch indirekte Interaktionen mit dem Tier. Das bedeutet: kein Verfolgen, Rufen, Ablenken, Werfen von Gegenständen oder Einmischen.

Es macht gar keinen Sinn, auf Biegen und Brechen das eine Bild haben zu wollen und dafür den Tieren hinterherzujagen. Wenn es nicht funktioniert, funktioniert es nicht. Sein lassen, vorsichtig zurückziehen und wann anders wieder versuchen.

Vorbereitung ist alles

Erfolgreiche Wildtierfotografie beginnt lange vor dem ersten Druck auf den Auslöser. Gründliche Vorbereitung macht oft den Unterschied zwischen frustrierenden Stunden im Feld und atemberaubenden Aufnahmen. Dieser Abschnitt führt dich durch die wichtigsten Vorbereitungsschritte.

Informiere dich über Tierarten und Lebensräume

Fundierte Kenntnisse über deine Fotomotive sind in der Wildtierfotografie unerlässlich. Je mehr du über ein Tier weißt, desto leichter wird es dir fallen, es vor die Linse zu bekommen. Ethische Wildtierfotografie beginnt mit dem Verständnis der Naturgeschichte einer Art, was dir hilft, verantwortungsvolle Entscheidungen vor Ort zu treffen.

Ein Reh beobachtet den Fotografen aus dem Dickicht.
Rehe sind häufig, aber aufgrund der Bejagung oft sehr scheu und von der Anwesenheit von Menschen gestresst – Vorsicht ist deshalb geboten.

Vor jedem Fotoausflug solltest du folgende Fragen recherchieren:

  • Wo ist der natürliche Lebensraum dieser Tiere?

  • Wann sind diese Tiere aktiv?

  • Wann bekommen sie Junge und wann ist ihre Brunftzeit? (Die Hirschbrunft findet beispielsweise im Herbst, meist September bis Oktober statt)

  • Wovon ernähren sie sich und wo finden sie ihr Futter?

Diese Kenntnisse ermöglichen dir, Zeichen von Stress, Angst oder Aggression bei den Tieren zu erkennen und entsprechend zu handeln. Zudem sparst du wertvolle Zeit im Feld, wenn du bereits weißt, wo und wann deine Motive am ehesten anzutreffen sind.

Internet und Fachliteratur sind hervorragende Informationsquellen. Darüber hinaus Biologen, Förster oder Naturführer wertvolle Insider-Tipps geben. Insbesondere für Anfänger in der Wildlife Fotografie ist es hilfreich, sich mit erfahrenen Fotografen auszutauschen.

Plane deine Route und prüfe Genehmigungen

Bevor du in Naturschutzgebiete oder Nationalparks zur Tierfotografie aufbrichst, informiere dich unbedingt über die geltenden Regeln und Vorschriften. Diese können von Ort zu Ort erheblich variieren und beinhalten oft spezifische Richtlinien für Fotografen.

Naturschutzgebiete und Nationalparks haben meist klare Vorgaben, wie viel Abstand zu Tieren eingehalten werden muss. Ebenso wichtig ist zu wissen, welche Fotografiemethoden erlaubt sind – Drohnen beispielsweise sind in den meisten Schutzgebieten verboten.

Parkwächter und Naturschutzbehörden sind zuverlässige Informationsquellen für aktuelle Regelungen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben die Grundgedanken der Berner Konvention zum Schutz wildlebender Pflanzen und Tiere Einzug in die Gesetzgebung gefunden. Mache dich mit diesen Bestimmungen vertraut, um sicherzustellen, dass deine Tierfotografie im rechtlichen Rahmen bleibt.

Zudem lohnt es sich, die lokale Presse nach Berichten über Renaturierungsmaßnahmen oder Wiederansiedlungen von Tierarten zu durchsuchen. Diese Informationen können wertvolle Hinweise auf interessante Fotomotive in deiner Nähe liefern.

Häufig sollte man für einzigartige Fotos auch nicht unbedingt nur Schutzgebiete aufsuchen, sondern die Tiere dort suchen, wo sie natürlicherweise an Menschen gewöhnt sind: Graureiher in Wien, Waldkäuze im Münchner Schlosspark Nymphenburg und Steinböcke im Berner Oberland.

Wetter, Wind und Lichtverhältnisse beachten

Die Wetterbedingungen beeinflussen maßgeblich den Erfolg deiner Wildtierfotografie. Morgens und abends, wenn die Sonne tief steht, fallen die Lichtstrahlen flach und in herrlichen Farbtönen auf die Landschaft. Diese „goldenen Stunden” bieten nicht nur optimale Lichtverhältnisse, sondern sind auch die Zeiten, zu denen viele Wildtiere besonders aktiv sind.

Ein entscheidender Faktor, den viele Anfänger übersehen, ist die Windrichtung. Wildtiere haben einen ausgeprägten Geruchssinn und können menschliche Witterung über erstaunliche Distanzen wahrnehmen. Daher gilt die Grundregel: Bewege dich immer gegen den Wind auf dein Motiv zu. Der Wind sollte dir ins Gesicht und nicht in den Nacken blasen, damit die Tiere dich nicht wittern können.

Für Waldaufnahmen eignen sich bewölkte, kühlere Tage besonders gut. An solchen Tagen sind weniger Spaziergänger unterwegs, und die Tiere sind generell weniger scheu. Morgens besteht zudem die Chance auf atmosphärische Nebelschwaden oder taubedeckte Wiesen, die deinen Bildern eine besondere Stimmung verleihen können.

Ein Naturfotograf fotografiert bei Regen, seine Kamera ist gut geschützt.
Regentage sind bei gutem Schutz der Ausrüstung durchaus geeignet um wunderbare Fotos zu machen.

Achte auch auf deine Kleidung: Viele Alltagsjacken verursachen bei Bewegung Geräusche, die für Waldbewohner unnatürlich klingen. Leise Stoffe oder spezielle Jagdkleidung können hier Abhilfe schaffen und dir ermöglichen, dich geräuscharm im Gelände zu bewegen.

Die beste Strategie für nachhaltig erfolgreiche Wildtierfotografie ist, sich auf wenige Locations in der Nähe deines Wohnorts zu konzentrieren und diese regelmäßig zu besuchen. Mit der Zeit entwickelst du ein Gespür für das Verhalten der lokalen Tierwelt und die Lichtverhältnisse vor Ort – ein unschätzbarer Vorteil für gute Wildtieraufnahmen.

Die richtige Ausrüstung für Einsteiger

Die Wahl der richtigen Ausrüstung ist für Einsteiger in die Wildlife Fotografie oft verwirrend. Eine gute Nachricht vorweg: Man benötigt für den Einstieg nicht unbedingt teure Profi-Ausrüstung, um beeindruckende Tierfotos zu machen. Vielmehr kommt es auf die richtige Kombination aus grundlegender Technik, durchdachter Tarnung und praktischem Zubehör an.

Kamera und Objektiv: Was du wirklich brauchst

Entgegen der verbreiteten Meinung steht bei der Wildtierfotografie nicht immer die teuerste Ausrüstung im Vordergrund. Tatsächlich führen gute Vorbereitung, Tarnung und Geduld bereits zu hervorragenden Ergebnissen – auch mit einer Einsteigerkamera. Besonders wichtig ist ein zuverlässiger Autofokus, der schnell genug ist, um flüchtige Momente einzufangen.

Für Anfänger empfehle ich eine spiegellose Kamera mit APS-C-Sensor oder eine digitale Spiegelreflexkamera. Der Vorteil eines APS-C-Sensors gegenüber Vollformat liegt in der scheinbaren Brennweitenverlängerung (Crop-Faktor), wodurch du näher an deine Motive herankommst.

Bei der Objektivwahl gilt: Die Brennweite sollte für Wildtierfotografie mindestens 300mm betragen – länger ist natürlich besser. Folgende Eigenschaften sind besonders wichtig:

  • Ausreichende Brennweite (200-500mm für Vögel und scheue Säugetiere)

  • Bildstabilisator für verwacklungsfreie Aufnahmen aus der Hand

  • Schneller und präziser Autofokus

  • Wetterfestigkeit für den Einsatz in der Natur

Als Einsteiger-Zoom empfehle ich ein 70-300mm oder 100-400mm Objektiv. Diese bieten eine gute Balance zwischen Reichweite, Gewicht und Preis. Für fortgeschrittene Einsteiger ist ein 200-500mm eine hervorragende Allround-Lösung, die man treffend als “Schweizer Taschenmesser unter den Objektiven” bezeichnen kann.

Tarnung und Kleidung für unauffälliges Verhalten

Die richtige Tarnung ist kein Luxus, sondern essentiell für erfolgreiche Wildtierfotografie. Sie muss drei wesentliche Aufgaben erfüllen: deine menschliche Silhouette verbergen, scharfe Konturen verwischen und unnatürliche Farben verdecken.

Ein Naturfotograf beobachtet gut getarnt mit dem Fernglas die Umgebung.
Ein Tarnanzug hilft, mit der Umgebung zu verschmelzen.

Ein handelsüblicher Tarnanzug mit Kunstblättern für etwa 40€ reicht für Anfänger völlig aus. Achte darauf, dass alle blauen und metallischen Bereiche verdeckt sind, da diese in der Natur unnatürlich wirken. Besonders wichtig ist die Gesichtstarnung – unser helles europäisches Gesicht ist für Wildtiere ein klares Erkennungsmerkmal. Eine Gesichtsmaske (Balaclava) oder ein Tarncappie bieten hier Abhilfe.

Alternativ kann ein Tarnzelt die optimale Lösung sein. Es schafft einen “Kokon”, in dem du für die Tiere unsichtbar bist und gleichzeitig einen angenehmen Arbeitsraum hast. Es gibt verschiedene Typen: Pop-up-Tarnzelte, quadratische Retro-Tarnzelte, Chair Hides mit integriertem Stuhl oder Dome Hides mit Kreuzstangen.

Wenn du leichter und mobiler unterwegs sein möchtest, eignet sich ein Tarnumhang oder ein Tarnnetz. Diese sind luftiger und benötigen keinen langen Aufbau, allerdings musst du deine Bewegungen deutlich vorsichtiger koordinieren.

Zubehör für lange Ansitze

Bei der Wildlife-Fotografie investiere ich die meiste Arbeit vor dem eigentlichen Fotografieren. Wenn das gewünschte Motiv sich zeigt, darf nichts mehr im Weg stehen. Daher ist das richtige Zubehör entscheidend.

An erster Stelle steht ein stabiles Stativ. Es hält deine Kamera-Objektiv-Kombination ruhig, die du unmöglich stundenlang still in der Hand halten kannst. Für längere Teleobjektive empfehle ich einen Gimbalkopf anstelle eines herkömmlichen Kugelkopfes. Ein ausbalancierter Gimbal ermöglicht es, die Kamera loszulassen und sie dennoch in exakt dieser Position ruhen zu lassen, ohne dass Feststellrädchen zugedreht werden müssen.

Für lange Ansitze sind außerdem unverzichtbar:

  • Ein bequemer Hocker oder Stuhl

  • Ausreichend Ersatzakkus (die Kälte verkürzt die Akkulaufzeit erheblich)

  • Ein Regenschutz für Kamera und Objektiv

  • Ein leises Gewebe für deine Kleidung (viele Alltagsjacken verursachen Geräusche)

  • Wasser und ein Behälter der das Wasser nach Gebrauch wieder aufnehmen kann

Wer besonders lange Ansitze plant, sollte an eine Campingtoilette denken. So vermeidest du, dass du deinen Standort verlassen musst und dadurch möglicherweise Warnrufe von Vögeln wie dem Eichelhäher auslöst, die andere Tiere für lange Zeit fernhalten können.

Die richtige Ausrüstung ist wichtig, dennoch gilt: Selbst mit der besten Technik bleibt die Wildlife Fotografie eine Übung in Geduld und Beharrlichkeit. Die Freude am Naturerlebnis steht immer im Vordergrund.

Verhalten im Gelände

Im Gelände selbst entscheidet dein Verhalten maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg in der Wildtierfotografie. Selbst mit perfekter Vorbereitung und hochwertigem Equipment bleiben Wildtierfotos Glückssache, wenn du dich nicht richtig verhältst. Meine Erfahrung zeigt: Die Kunst des unauffälligen Verhaltens lässt sich erlernen und verfeinern.

So bewegst du dich leise und unauffällig

Die meisten Wildtiere haben ein ausgeprägtes Gehör- und Geruchsvermögen. Daher ist die Windrichtung entscheidend – bewege dich immer gegen den Wind, damit die Tiere dich nicht wittern können. Ein altes Jägersprichwort besagt: “Wenn der Wind weht mit Gesause, bleibt der Jäger ruhig zu Hause.” Bei starken Windböen befinden sich nahezu alle Wildtiere in Deckung.

Für die Fortbewegung im Gelände gilt: Langsam und unregelmäßig bewegen ist besser als schnell und gleichmäßig. Achte besonders auf deine Schritte – entwickle ein Gefühl dafür, wie du die Füße aufsetzt. Ich teste jeden Schritt zuerst vorsichtig, bevor ich mein ganzes Gewicht verlagere, um trockene Äste oder raschelndes Laub zu vermeiden.

Halte eine gebückte Haltung, um dich kleinzumachen. Wildtiere sehen Lebewesen, die kleiner sind als sie selbst, normalerweise nicht als Gefahr an. Zudem hilft gedeckte Kleidung in Grün-, Braun- oder Beigetönen. Auffällige Farben wie Rot oder Gelb lassen dich sofort hervorstechen und verscheuchen die Tiere.

Was tun bei Sichtung eines Tieres?

Der kritischste Moment in der Wildtierfotografie ist der erste Kontakt mit dem Tier. Sobald du ein Tier sichtest, musst du zunächst alle Bewegungen “einfrieren”. Dies ist entscheidend – bleib vollkommen still stehen, bis das Tier die Situation erfasst hat und nicht mehr schreckhaft reagiert.

Danach hängt dein Verhalten von der Tierart ab:

  • Bei Rehen und Hasen: Wende dich leicht ab, als würdest du dich für etwas anderes interessieren. Manchmal hilft sogar leises Zureden in beruhigender Tonlage.

  • Bei Füchsen und Dachsen: Absolute Bewegungslosigkeit ist gefragt. Bewege deine Kamera nur im Schneckentempo und nutze idealerweise den elektronischen Verschluss

Hat das Tier dich akzeptiert, kannst du vorsichtig in die Hocke gehen und mit dem Fotografieren beginnen. Allerdings solltest du immer stillhalten, bis das Tier außer Sichtweite ist, bevor du deinen Standort verlässt.

Wenn Spaziergänger redend durch den Wald laufen, erkennen Wildtiere, dass keine wirkliche Gefahr besteht. Jedoch wissen die Tiere auch, dass Menschen eine Gefahr darstellen können, wenn sie auffallend leise durch den Wald pirschen – genau das, was wir Fotografen tun. Die Tarnung als Spaziergänger kann aber durchaus erfolgreich sein, vorallem wenn man nicht ganz so nah ran möchte und eher ein Bild mit Lebensraum aufnimmt. Für die Tiere ist dies auf jeden Fall stressfreier, als vor einem vermeintlichen Raubtier davon zu rennen.

Wie du Stress bei Tieren erkennst und vermeidest

Das Wohlbefinden der Tiere steht immer an erster Stelle. Ein gestresstes Tier fühlt sich bedroht und ängstlich, was sich in verschiedenen Anzeichen äußert:

  • Auffälliges, unnatürliches Verhalten

  • Ungewöhnliche Fluchtreaktionen

  • Schnellere Atmung oder nervöses Umherblicken

  • Plötzliches Erstarren oder übermäßige Wachsamkeit

Bemerkst du solche Stresssignale, ist es höchste Zeit, den Ort zu verlassen und dem Tier Raum zu geben. Besonders in der kalten Jahreszeit oder bei Schneefall kann eine durch Menschen verursachte Flucht lebensbedrohlich sein. Die Tiere verbrauchen dabei wichtige Energiereserven, die sie zum Überleben benötigen.

Respektiere stets die natürlichen Abläufe. Die Wildlife-Fotografie ist viel mehr als nur das Foto – es sind die wochenlangen Wartezeiten, die kalten Tage und die nassen Füße. Doch die besonderen Momente “alleine” mit dem Tier, Auge in Auge, entschädigen für alles.

Technik und Bildgestaltung

Die technischen Aspekte der Wildtierfotografie entscheiden letztendlich über die Qualität deiner Bilder. Mit den richtigen Kameraeinstellungen und einer durchdachten Bildgestaltung gelingen auch Anfängern beeindruckende Tieraufnahmen.

Fokus auf die Augen legen

Bei Tierporträts gilt eine goldene Regel: Die Augen müssen immer scharf sein. Wir schauen automatisch direkt in die Augen, egal ob bei Menschen oder Tieren. Unscharfe Augen stören unsere Wahrnehmung und wirken unnatürlich. Die Augen sind der Spiegel zur Seele des Tieres und verraten viel über seine Persönlichkeit und Emotionen.

Moderne Kameras bieten mittlerweile Tier-Augen-Autofokus, der automatisch die Augen erkennt und fokussiert. Diese Funktion kann besonders für Einsteiger hilfreich sein – sie arbeitet zu etwa 80% zuverlässig. Allerdings funktioniert sie nicht immer perfekt. Daher empfehle ich, auch das manuelle Fokussieren zu üben.

Bewegung einfangen mit kurzer Belichtungszeit

Die Belichtungszeit bestimmt, ob du die Bewegung eines Tieres einfrieren oder sie bewusst als Unschärfe darstellen möchtest. Für scharfe Aufnahmen von Wildtieren in Bewegung brauchst du eine kurze Belichtungszeit von mindestens 1/250 Sekunde. Bei schnelleren Tieren wie fliegenden Vögeln oder rennenden Säugetieren solltest du sogar bis zu 1/1000 oder 1/4000 Sekunde gehen.

Eine sehr kurze Belichtungszeit hilft, diesen Bienenfresser im Flug einzufrieren.

Folgende Richtwerte haben sich bewährt:

  • Langsame Bewegungen (gehende Tiere): 1/250-1/500 Sekunde

  • Mittlere Bewegungen (hüpfende Tiere): 1/500-1/1000 Sekunde

  • Schnelle Bewegungen (fliegende Vögel): ab 1/2000 Sekunde

Allerdings kann eine komplett eingefrorene Bewegung manchmal unnatürlich wirken. Für dynamischere Bilder kannst du mit der Technik des “Mitschwenkens” arbeiten: Verwende eine etwas längere Belichtungszeit und bewege die Kamera mit dem Tier mit. So bleibt das Motiv scharf, während der Hintergrund verschwimmt und die Dynamik der Bewegung betont wird.

Ein Moschusochse streift durch das Fjell.
Eine lange Belichtungszeit (hier 1/15s) hilft, Bewegung dynamisch darzustellen.

Komposition und Perspektive bewusst wählen

Die Wahl der Perspektive beeinflusst maßgeblich, wie der Betrachter dein Tierfoto wahrnimmt. Besonders wirkungsvoll ist das Fotografieren auf Augenhöhe des Tieres, da dies eine ausgeglichene Beziehung zwischen Motiv und Betrachter schafft. Diese Perspektive hilft, die emotionale Verbindung zum Tier zu vermitteln.

Darüber hinaus spielt die Bildkomposition eine zentrale Rolle. Wende die Drittelregel an, indem du wichtige Elemente an den Schnittpunkten der gedachten Linien platzierst. Achte auch darauf, in welche Richtung das Tier blickt – lasse genügend Raum in diese Richtung, um Dynamik zu erzeugen.

Eine große Blendenöffnung (kleine Blendenzahl wie f/2.8 oder f/4) lässt den Hintergrund angenehm verschwimmen und hebt das Tier hervor. Experimentiere zudem mit verschiedenen Vorder- und Hintergründen, um Tiefe in deinen Bildern zu erzeugen.

Langfristig besser werden

Die Meisterschaft in der Wildlife Fotografie entwickelt sich nicht über Nacht, sondern durch kontinuierliche Übung und Lernen. Während technische Grundlagen und Ausrüstung wichtig sind, ist es die regelmäßige Praxis, die letztendlich den Unterschied ausmacht.

Übe regelmäßig mit einfachen Motiven

Zunächst ist es ratsam, mit einfacheren Motiven zu beginnen. Haustiere oder Tiere im Zoo zu fotografieren ist der perfekte Einstieg in die Tierfotografie und eine ausgezeichnete Vorbereitung auf Wildtiere. Im Zoo sind die Tiere für dich “platziert”, und du kannst dich ganz auf das Fotografieren konzentrieren, ohne dass das Tier sofort verschwindet. Die Tiere in gut ausgestatteten Wildparks zu beobachten kann als Anfänger besser sein, als sie in freier Wildbahn möglicherweise zu verschrecken oder zu stören. Darüber hinaus kannst du eine Futterstelle für Vögel in deinem Garten aufstellen und sie durch das Fenster fotografieren. Selbst Katzenfotos in der Natur zu machen, ist überraschend anspruchsvoll – Katzen sind schnell und lassen sich nicht dirigieren, was sie zu perfekten Übungsmotiven macht.

Lerne aus deinen Fehlern

Wenn du Wildtiere in Bewegung fotografierst, mache Serienbilder! Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, den perfekten Moment einzufangen. Es macht einen großen Unterschied, welche Lauf- oder Flugphase du erwischst. Allerdings solltest du später nur die besten Bilder behalten. Bewerte deine Fotos regelmäßig und identifiziere Verbesserungspotenzial. Oftmals neigt man dazu, sich so über die Sichtung eines Wildtieres zu freuen, dass man einfach drauflos fotografiert und alles zur Bildgestaltung Gelernte vergisst. Halte bereits vor der Tierbegegnung Ausschau nach Elementen, die du in dein Bild einbauen kannst – Pflanzen, Steine oder andere natürliche Elemente können deinen Bildern Tiefe verleihen.

Eichelhäher im Abflug.
Der Eichelhäher war schneller – nicht immer gelingt ein gutes Bild.

Teile deine Bilder mit Feedback-Communitys

Obwohl deine eigene Fotografie-Portfolio-Website der Ausgangspunkt für die Präsentation deiner Bilder ist, solltest du hier nicht aufhören. Die Teilnahme an Online-Communitys und Fotoforen ist ein wesentlicher Bestandteil deiner Entwicklung. Wenn du deine Arbeit teilst, erhältst du Feedback und konstruktive Kritik, die bei der Verbesserung deiner Schwachstellen enorm helfen kann. Es gibt zahlreiche Fotoforen für Anfänger, jedes mit eigenem Schwerpunkt und Tonalität. Durch aktives Engagement entwickelst du außerdem ein Gefühl der Kameradschaft mit anderen Fotografen, die ähnliche Herausforderungen meistern. Welche Community zu dir passt, findest du nur durch Mitmachen heraus – finde einen Ort, der aufstrebenden Fotografen ehrliches Feedback gibt und wo alle die Fotografie ernst nehmen.

Die besten Communities für Naturfotografen:

  • Die GDT – Gesellschaft für Naturfotografie – hat überall in Deutschland Regionalgruppen, bei denen man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann
  • Das Naturfotografen-Forum ist ein hervorragender Platz um Feedback zu erhalten
  • Für ernsthafte Kritik würde ich Social Media außen vor lassen – dort gibt es zwar schöne Bilder zu sehen, aber wenig Kritikbewusstsein.

Fazit: Dein Weg zum erfolgreichen Wildtierfotografen

Die Wildtierfotografie stellt zweifellos eine der anspruchsvollsten fotografischen Disziplinen dar. Meine zwei Jahrzehnte Erfahrung zeigen jedoch deutlich: Mit der richtigen Vorbereitung, ethischem Verhalten und technischem Grundwissen kann jeder Einsteiger beeindruckende Tieraufnahmen machen.

Das Wohl der Tiere muss dabei stets an erster Stelle stehen. Unethisches Verhalten wie Anfüttern oder Blitzlichtfotografie schadet nicht nur den Tieren, sondern letztendlich auch der Glaubwürdigkeit deiner Arbeit. Daher lohnt sich respektvoller Umgang mit der Natur doppelt.

Gründliche Vorbereitung macht tatsächlich den größten Unterschied zwischen frustrierenden Erlebnissen und erfolgreichen Fotosessions. Wer die Lebensgewohnheiten seiner Motive kennt und Wetter, Wind und Lichtverhältnisse berücksichtigt, steigert seine Erfolgschancen erheblich.

Deine Ausrüstung muss anfangs nicht hochpreisig sein. Wichtiger als teure Technik ist zunächst geduldiges Üben mit einfacheren Motiven. Schließlich kannst du deine Fähigkeiten mit der Zeit verfeinern und deine Ausrüstung bei Bedarf erweitern.

Leises, unauffälliges Verhalten im Gelände bedeutet oft den Unterschied zwischen dem perfekten Schuss und der verpassten Gelegenheit. Stress bei Tieren solltest du unbedingt vermeiden – nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch weil entspannte Tiere natürlicheres Verhalten zeigen.

Die technischen Aspekte wie Fokussierung auf die Augen, passende Belichtungszeiten und durchdachte Bildkomposition werden mit regelmäßiger Übung zur zweiten Natur. Trotzdem wirst du anfangs mehr Ausschussbilder als Meisterwerke produzieren – dies gehört zum Lernprozess.

Wildlife-Fotografie lehrt uns vor allem Geduld und Demut. Manchmal verbringe ich Stunden im Tarnzelt ohne ein einziges brauchbares Foto zu machen. An anderen Tagen hingegen belohnt mich die Natur mit magischen Momenten, die alle Mühen vergessen lassen.

Mein wichtigster Rat zum Abschluss: Genieße den Prozess! Das stundenlange Warten, die intensive Naturbeobachtung und die seltenen Begegnungen mit wilden Tieren sind mindestens genauso wertvoll wie die Fotos selbst. Die Wildtierfotografie öffnet dir die Augen für die Schönheit und Zerbrechlichkeit unserer natürlichen Umwelt – eine Erfahrung, die dich für immer prägen wird.

Neueste Artikel

Balzende Doppelschnepfe mit offenem Schnabel im Moor.

Komm mit raus. Die Wildnis wartet.

Melde dich zum Newsletter an und erhalte regelmäßig neue Fotoprojekte, Bildgeschichten & Tipps aus der Naturfotografie – direkt in dein Postfach.

Danke dir – du bist jetzt dabei.