Objektiv-Auswahl für Naturfotografie: Die Qual der Wahl

von Julius Kramer | 28.11.2025 | Ausrüstung

Ein hochwertiges Objektiv für Naturfotografie hat tatsächlich einen größeren Einfluss auf die Bildqualität als die Kamera selbst. Die Bedeutung der Kamera wird meiner Ansicht nach generell überschätzt, da sich vergleichbare Modelle bei der Bildqualität nur in Nuancen voneinander unterscheiden.

Wenn wir über Natur- und Tierfotografieausrüstung sprechen, benötigen wir für Wildtiere in freier Natur meist viel Brennweite – mindestens 300mm, besser noch 400-800mm. Für die Landschaftsfotografie hingegen eignen sich vor allem Weitwinkelobjektive wie 16-35mm und mittlere Teleobjektive wie 70-200mm. Der Crop-Faktor kleinerer Sensoren wirkt dabei wie eine Brennweitenverlängerung, was besonders für die Tierfotografie vorteilhaft sein kann. Außerdem ist die Naheinstellgrenze bei der Wahl des richtigen Objektivs für Tierfotografie extrem wichtig.

In diesem Artikel will ich ein paar Tipps geben, welche Objektive für Naturfotografie sich für verschiedene Situationen eignen, wie sich Festbrennweiten von Zoomobjektiven unterscheiden und worauf beim Kauf zu achten ist. Denn die besten Teleobjektive für Wildlife-Fotografen können zwischen 1.000 € und 15.000 € kosten – eine Investition, die gut überlegt sein will.

Grundlagen der Objektivwahl in der Naturfotografie

Die Wahl des richtigen Objektivs entscheidet maßgeblich über den Erfolg deiner Naturfotos. Anders als bei der Kamerawahl, wo die Unterschiede oft minimal sind, kann das passende Objektiv einen enormen Unterschied machen. Besonders in der Naturfotografie gibt es kein “Universalobjektiv”, das alle Bereiche abdeckt – von Makroaufnahmen winziger Insekten bis zu scheuen Wildtieren in der Ferne.

Zoom oder Festbrennweite: Was passt zu dir?

Bei der Entscheidung zwischen Zoom oder Festbrennweite gehen die Meinungen stark auseinander. Zoomobjektive bieten eine enorme Flexibilität – du kannst schnell zwischen verschiedenen Brennweiten wechseln, ohne das Objektiv tauschen zu müssen. Das ist besonders vorteilhaft, wenn sich Tiere schnell bewegen oder du an Orten fotografierst, wo ein Objektivwechsel unpraktisch wäre.

Festbrennweiten hingegen überzeugen durch andere Qualitäten:

  • Bessere Bildqualität und Schärfe, da die gesamte Konstruktion auf eine Brennweite optimiert ist
  • Höhere Lichtstärke mit Blendenwerten von f/2.8 bis f/4 (im Vergleich zu typischen f/4 bis f/6.3 bei Zooms)
  • Kompaktere Bauweise und geringeres Gewicht
  • Meist kürzere Naheinstellgrenze als vergleichbare Zoomobjektive

Viele Naturfotografen berichten, dass ihre Begeisterung erst beim Fotografieren mit Festbrennweiten so richtig entflammt. Erst in der Praxis merkt man, wie viele Gestaltungsmöglichkeiten durch lichtschwache Zooms verlorengehen.

Dennoch sind moderne High-End-Zoomobjektive inzwischen so gut, dass die klassischen Vorteile von Festbrennweiten teilweise verschwimmen. Bei Schärfe, Details und Abbildungsqualität sind viele der neueren Zoomobjektive für spiegellose Kameras nahezu perfekt.

Trotzdem bleiben drei entscheidende Vorteile für Festbrennweiten: der spezifische Bild-Look, die effektive Brennweite im Nahbereich und vor allem die höhere Lichtstärke mit besserem Bokeh.

Crop-Faktor und Sensorgröße verstehen

Die Größe des Sensors in deiner Kamera beeinflusst direkt, welche Objektive du effektiv nutzen kannst. Der Begriff “Crop-Faktor” beschreibt das Verhältnis der Sensorgröße zum klassischen Vollformat (36 x 24 mm).

Der Sensor einer Kamera mit APS-C-Format ist kleiner als ein Vollformatsensor und erfasst nur einen Ausschnitt des Bildkreises, den ein Objektiv erzeugt. Dieser Ausschnitt wirkt wie eine Vergrößerung des Motivs, obwohl sich die Brennweite physikalisch nicht ändert.

Wenn du ein Objektiv mit 50 mm Brennweite an einer APS-C-Kamera mit einem Crop-Faktor von 1,5 verwendest, entspricht der Bildausschnitt etwa dem eines 75 mm Objektivs an einer Vollformatkamera (50 × 1,5 = 75). Bei einem Micro-Four-Thirds-System mit Crop-Faktor 2,0 wären es sogar 100 mm.

Dieser Effekt kann in der Tierfotografie sehr vorteilhaft sein. Ein 300-mm-Teleobjektiv an einer APS-C-Kamera liefert die gleiche “Reichweite” wie ein 450-mm-Objektiv am Vollformat – ideal für scheue Tiere, die man nicht nah genug herankommen kann.

Allerdings beeinflusst der Crop-Faktor auch die Bildwirkung, besonders die Schärfentiefe. Kleinere Sensoren liefern bei gleicher Blende und gleichem Bildausschnitt mehr Schärfentiefe, was das Erzeugen eines weichen, unscharfen Hintergrunds (Bokeh) erschwert.

Übrigens führt ein kleinerer Sensor auch zu höherem Bildrauschen bei gleicher ISO-Einstellung – weil auf die Fläche schlicht weniger Photonen ankommen. Das Rauschverhalten einer Micro-Four-Thirds-Kamera bei ISO 800 entspricht etwa dem einer Vollformatkamera bei ISO 3200. Dies solltest du bei der Wahl deiner Ausrüstung für Situationen mit wenig Licht berücksichtigen.

Lichtstärke und Bildqualität im Vergleich

Die Lichtstärke eines Objektivs wird durch die maximale Blendenöffnung angegeben – je niedriger die Blendenzahl, desto lichtstärker das Objektiv. Ein Objektiv mit f/1.4 lässt viermal mehr Licht auf den Sensor als eines mit f/2.8.

Als lichtstark gelten generell Objektive, deren Blende auf f/2.8 oder mehr geöffnet werden kann. Diese bieten entscheidende Vorteile in der Naturfotografie:

Erstens ermöglichen sie schnellere Verschlusszeiten bei gleicher ISO-Empfindlichkeit, was besonders bei der Tierfotografie entscheidend ist. Jede volle Blendenstufe verdoppelt die Lichtmenge, die auf den Sensor fällt. Bei schlechtem Licht am Morgen oder Abend – oft die besten Zeiten für Tierbeobachtung – kann ein lichtstarkes Objektiv den Unterschied zwischen einem verwackelten und einem scharfen Bild ausmachen.

Zweitens bietet eine große Blendenöffnung mehr gestalterische Kontrolle über die Schärfentiefe. Mit Blendenwerten von f/1.8 oder f/1.4 kannst du die Schärfentiefe so weit reduzieren, dass nur dein Hauptmotiv scharf abgebildet wird und der Vorder- und Hintergrund angenehm unscharf bleibt.

Drittens haben lichtstarke Objektive oft eine bessere Bildqualität, da die komplette optische Konstruktion auf hohe Abbildungsleistung optimiert ist. Selbst wenn du sie leicht abblendest (etwa auf f/4 oder f/5.6), liefern sie häufig schärfere Ergebnisse als lichtschwächere Objektive.

Allerdings muss man für hohe Lichtstärke meist mehr bezahlen und schwerere Objektive akzeptieren. Gerade bei langen Brennweiten werden lichtstarke Objektive schnell sehr teuer und schwer.

Für die meisten Landschaftsaufnahmen benötigt man die extreme Lichtstärke selten, da man ohnehin bei f/8 bis f/16 fotografiert, um von vorne bis hinten Schärfe zu erzielen. Eine Ausnahme bildet die Nachtfotografie – für Aufnahmen des Sternenhimmels und der Milchstraße sind Objektive mit f/1.8 oder besser f/1.4 ideal.

Letztendlich gibt es kein “richtiges” oder “falsches” Objektiv für die Naturfotografie – es geht darum, das Objektiv zu wählen, das am besten zu deinem Fotografiestil, deinen Bedürfnissen und deinem Budget passt.

Objektive für Landschaftsfotografie

Die Landschaftsfotografie eröffnet faszinierende Perspektiven auf die Wunder der Natur, und die Wahl des richtigen Objektivs ist dabei entscheidend für den visuellen Eindruck. Während viele sofort an Weitwinkelaufnahmen denken, bietet tatsächlich jeder Brennweitenbereich einzigartige gestalterische Möglichkeiten, um die Schönheit einer Landschaft festzuhalten.

Weitwinkelobjektive: 14–35 mm

Weitwinkelobjektive sind klassische Begleiter für Landschaftsfotografen. Mit ihrem großen Bildwinkel sind sie sehr gesprächig und ermöglichen sie es, weitläufige Szenen einzufangen und gleichzeitig Tiefe und Weite zu betonen – zwei zentrale Gestaltungselemente in der Landschaftsfotografie.

Bei der Brennweite 14mm beträgt der Bildwinkel etwa 114 Grad gegenüber 108 Grad bei 16mm – ein kleiner Unterschied in Zahlen, aber ein spürbarer Unterschied in der Praxis. Über die Bildhorizontale betrachtet ist es der Unterschied zwischen 104 und 98 Grad, was besonders bei weiten Panoramen deutlich ins Gewicht fällt.

Imposante Sandsteinfelsen der Schrammsteine im Elbsandsteingebirge bei Sonnenaufgang.

Die kürzesten Brennweiten zwischen 10 und 20mm (bei APS-C) beziehungsweise 14 und 24mm (bei Vollformat) eignen sich hervorragend für:

  • Dramatische Weitwinkelaufnahmen mit betontem Vordergrund
  • Das Einfangen ausgedehnter Himmelsformationen
  • Beeindruckende Landschaftspanoramen mit starker Tiefenwirkung
  • Enge Situationen, in denen man nicht weiter zurücktreten kann

Allerdings sollte man beachten, dass extreme Weitwinkelaufnahmen auch zu Verzerrungen führen können. Besonders am Bildrand können gerade Linien gebogen erscheinen, und vertikale Elemente wie Bäume oder Gebäude neigen sich oft zur Bildmitte hin – der berüchtigte Effekt der “stürzenden Linien”.

Für die optimale Schärfentiefe arbeitet man bei Weitwinkelobjektiven meist mit Blendenwerten zwischen f/11 und f/16, wodurch man von nahen Objekten im Vordergrund bis zum fernen Horizont alles scharf abbilden kann.

Standardzooms: 24–70 mm

Der Brennweitenbereich von 24-70mm gilt nicht umsonst als “Immerdrauf-Objektiv” – er deckt einen vielseitigen Bereich vom leichten Weitwinkel bis zum leichten Tele ab und eignet sich für zahlreiche Landschaftssituationen.

Ein 24-70mm Objektiv ist für die Landschaftsfotografie besonders wertvoll, wenn:

  • verschiedene Bildausschnitte in kurzer Zeit festgehalten werden müssen
  • man auf Wanderungen oder Reisen Gewicht sparen möchte
  • sowohl Übersichtsaufnahmen als auch Details eingefangen werden sollen

Mit einem Standardzoom lassen sich ebenso weite Landschaften wie auch kleinere Szenen oder Details aufnehmen. Besonders bei mittlerer Brennweite um 35-50mm entspricht der Bildwinkel etwa dem menschlichen Sehen, was zu besonders natürlich wirkenden Aufnahmen führt.

Die meisten hochwertigen Standardzooms gibt es in zwei Varianten: mit durchgehender Lichtstärke von f/2.8 oder als leichtere f/4-Version. Für die klassische Landschaftsfotografie reicht die f/4-Version meist völlig aus, da ohnehin häufig mit Blenden zwischen f/8 und f/11 fotografiert wird. Gewichtsunterschiede können dabei erheblich sein – moderne f/4 Standardzooms wiegen teilweise nur etwa 540g, während die lichtstärkeren f/2.8 Versionen oft über 800g auf die Waage bringen.

Ein interessanter Aspekt moderner Standardzooms ist die verbesserte Naheinstellgrenze. Hochwertige Modelle ermöglichen Aufnahmen aus nur 24-33cm Entfernung, was fast schon makroähnliche Aufnahmen von Blüten oder Strukturen in der Natur erlaubt.

Teleobjektive für Details in der Ferne

Entgegen gängiger Meinung haben auch Teleobjektive ihren festen Platz in der Landschaftsfotografie. Mit Brennweiten ab 70mm, besonders im Bereich 70-200mm, lassen sich wunderbare Landschaftsausschnitte komponieren.

Die besonderen Stärken von Teleobjektiven in der Landschaftsfotografie sind:

  • Die Isolation einzelner Elemente aus der Landschaft
  • Der “Kompressionseffekt”, der Bildebenen scheinbar zusammenrücken lässt
  • Die Möglichkeit, Details aus großer Entfernung einzufangen
  • Abstrakte Kompositionen durch reduzierte Bildausschnitte
Weiße Hänge-Birken stehen in einem nebligen, frostigen Wald.

Der Kompressionseffekt ist dabei ein besonders reizvolles gestalterisches Mittel. Bei längeren Brennweiten scheinen Elemente im Vorder- und Hintergrund näher zusammenzurücken. Bei Landschaften mit mehreren Ebenen – etwa bei Bergketten oder Hügellandschaften – entsteht so ein faszinierender Bildaufbau mit verdichteter Perspektive.

Zusätzlich bieten Teleobjektive den Vorteil einer geringeren Schärfentiefe, wodurch einzelne Landschaftselemente vom Hintergrund freigestellt werden können. Ein einzelner Baum, eine Felsformation oder ein Leuchtturm in der Ferne lassen sich so besonders eindrucksvoll inszenieren.

Für viele Landschaftsfotografen sind neben den klassischen 70-200mm Zooms auch längere Brennweiten von 100-400mm interessant. Mit diesen lassen sich auch weit entfernte Details wie Bergspitzen, Lichtspots auf entfernten Felsen oder besondere Wetterphänomene einfangen.

Insbesondere an Aussichtspunkten, Küstenlandschaften oder in Bergregionen, wo der eigene Standpunkt oft nicht frei wählbar ist, eröffnen Teleobjektive völlig neue kreative Möglichkeiten für die Landschaftsfotografie.

Objektive für Tierfotografie

Für viele Naturfotografen ist die Tierfotografie eine besondere Herausforderung – besonders weil die Distanz zum Motiv selten frei wählbar ist. Ein Teleobjektiv wird daher zum unverzichtbaren Werkzeug, wenn scheue Tiere aus respektvoller Entfernung abgelichtet werden sollen, ohne sie aufzuscheuchen oder zu gefährden.

Welche Brennweite für Tierfotografie?

Für die Tierfotografie ist eine Mindestbrennweite von 200 mm empfehlenswert, um Tiere ausreichend nah heranzuholen. Abhängig von Art und gewünschter Bildkomposition sind jedoch häufig 300 mm oder mehr erforderlich. Längere Brennweiten ermöglichen nicht nur das Fotografieren aus sicherer Distanz, sondern lassen auch den Hintergrund stärker verschwimmen, wodurch das Tier besser hervorgehoben wird.

Die Wahl der passenden Brennweite hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Größe des Tieres, der Entfernung und dem gewünschten Bildausschnitt. Während für wenig scheue Tiere wie Vögel oder Eichhörnchen Brennweiten von 300 – 400 mm ausreichen können, werden für scheuere Tiere wie Hirsche oft Brennweiten zwischen 400-600 mm empfohlen.

Es gilt aber: Je länger die Brennweite, desto höher das Verwacklungsrisiko. Daher empfiehlt sich bei langen Brennweiten eine Stabilisierungshilfe wie ein Stativ oder eine Bohnensack.

Zoomobjektive vs. Festbrennweiten im Einsatz

Bei der Tierfotografie stellt sich oft die Frage: Zoomobjektiv oder Festbrennweite? Beide haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile.

Zoomobjektive bieten enorme Flexibilität. Gerade wenn man unterwegs ist und nicht genau weiß, welche Distanz oder welche Tiere einem begegnen werden, geben Zooms die nötige Anpassungsfähigkeit. Ein Reh tritt plötzlich aus dem Wald? Mit einem Zoom kannst du schnell reagieren und die Brennweite anpassen, ohne das Objektiv wechseln zu müssen.

Festbrennweiten hingegen überzeugen durch ihre überragende Bildqualität, schnelleren Autofokus und höhere Lichtstärke. Sie liefern besonders bei schwierigen Lichtverhältnissen am Morgen oder Abend – oft die besten Zeiten für Tierbeobachtungen – deutlich bessere Ergebnisse.

Ein weiterer Aspekt: Mit Festbrennweiten gelingt das Freistellen von Motiven meist besser. Der Bildlook ist charakteristisch, da sowohl Vorder- als auch Hintergrund wesentlich stärker unscharf erscheinen als bei Zoomobjektiven mit ähnlicher Brennweite.

70-200mm

Objektive mit 70-200 mm und Lichtstärke 1:2,8 gehören für viele Tierfotografen zur Standardausrüstung. Diese Telezoomobjektive sind hervorragende Investitionen, insbesondere dank ihrer Vielseitigkeit, guten Verarbeitungsqualität und vergleichsweise hohen Bildschärfe.

Ein 70-200 mm ist ideal für:

  • Größere Tiere auf mittlere Distanz
  • Safari-Situationen, in denen Tiere näher sind als erwartet
  • Stimmungsvolle Aufnahmen mit Umgebung
  • Situationen, in denen man aus einem Fahrzeug fotografiert

Die durchgehende Offenblende von f/2,8 ermöglicht das Fotografieren im niedrigen ISO-Bereich bei gleichzeitig kurzen Verschlusszeiten. Außerdem bleibt die Belichtungszeit bei verschiedenen Brennweiten konstant, was die Handhabung erheblich erleichtert.

300 mm

Ab 300 mm beginnt der Bereich, in dem die Tierfotografie wirklich Spaß macht. Diese Brennweite bietet bereits ausreichend “Reichweite” für viele mittelgroße bis große Tiere und eignet sich hervorragend für Pirschgänge, da das Objektiv noch vergleichsweise leicht und handlich ist.

Mit einem 300 mm Objektiv lassen sich auch scheue Waldbewohner wie Rehe, Füchse oder Dachse gut ablichten. Besonders mit einer großen Offenblende von f/4 oder besser ermöglicht diese Brennweite bereits eine hervorragende Freistellung des Hauptmotivs vom Hintergrund.

Junges Wildschwein im herbstlichen Laub eines Waldes.

Moderne 300 mm Objektive bieten zudem eine vergleichsweise kurze Naheinstellgrenze, was sie vielseitiger macht. Einige Modelle ermöglichen Aufnahmen aus nur 1,4 Metern Entfernung mit einem respektablen Abbildungsmaßstab, was auch für größere Insekten oder Pflanzendetails ausreicht.

500 mm und 600m

Für die ernsthafte Vogelfotografie oder sehr scheue Wildtiere sind Brennweiten von 500-600 mm nahezu unverzichtbar. Diese Super-Teleobjektive ermöglichen formatfüllende Aufnahmen aus großer Distanz.

Der entscheidende Vorteil dieser langen Brennweiten ist nicht nur die hohe Vergrößerung, sondern auch die beeindruckende Freistellung des Motivs. Bei Offenblende sind die Unschärfekreise solcher Festbrennweiten verglichen mit einem Zoom nahezu doppelt so groß, was einen unverwechselbaren “Supertele-Look” erzeugt. Durch den engeren Bildausschnitt ist schlicht weniger Hintergrund im Bild zu sehen, und es ist entsprechend leichter, ihn ruhig zu gestalten.

Jedoch bringen diese Brennweiten auch Herausforderungen mit sich: Das hohe Gewicht (oft 3 kg oder mehr) erfordert meist ein stabiles Stativ oder zumindest ein Einbeinstativ. Zudem sind Verwacklungen bei diesen Brennweiten deutlich sichtbarer, weshalb ein guter Bildstabilisator oder kurze Verschlusszeiten entscheidend sind.

Wer nicht sofort in ein teures Supertele investieren möchte, kann zunächst mit Zoomobjektiven wie 180-600 mm oder 200-500 mm experimentieren. Diese bieten gute Flexibilität bei akzeptabler Bildqualität, wobei die geringere Lichtstärke (meist f/5,6-6,3) den größten Nachteil darstellt.

Makro- und Nahbereich: Kleine Motive groß abbilden

Die faszinierende Welt der Makrofotografie ermöglicht uns, kleine Details der Natur zu entdecken, die mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar sind. In diesem Bereich geht es darum, Miniaturmotive wie Insekten, Blüten oder Tautropfen beeindruckend groß abzubilden und ihre verborgene Schönheit zu offenbaren.

Makroobjektive vs. Zwischenringe

Für echte Makroaufnahmen benötigen wir spezielle Ausrüstung, wobei sich zwei Hauptlösungen anbieten: dedizierte Makroobjektive oder Zwischenringe für vorhandene Objektive.

Ein Sandlaufkäfer (Cicindela sylvicola) auf einem Stein in Nahaufnahme.

Echte Makroobjektive sind speziell für Nahaufnahmen konstruiert und erreichen typischerweise einen Abbildungsmaßstab von 1:1, was bedeutet, dass das Motiv in Lebensgröße auf dem Sensor abgebildet wird. Ein 3 cm großer Schmetterling erscheint dann auch 3 cm groß auf dem Sensor. Diese Objektive liefern hervorragende optische Qualität im Nahbereich, da ihre gesamte Konstruktion für diesen Einsatzzweck optimiert ist.

Zwischenringe hingegen sind eine preisgünstige Alternative. Diese Tuben werden zwischen Kameragehäuse und Objektiv montiert und vergrößern dadurch die Bildweite. Der entscheidende Vorteil: Da Zwischenringe keine optischen Elemente enthalten, beeinträchtigen sie die Bildqualität nicht negativ. Allerdings geht durch den längeren Lichtweg Lichtstärke verloren, was höhere ISO-Werte oder längere Belichtungszeiten erforderlich macht.

Besonders interessant: Mit Zwischenringen kannst du deine vorhandenen Objektive für Makroaufnahmen nutzen. Dennoch solltest du beachten, dass die optische Qualität normaler Objektive mit Zwischenringen nicht immer mit der eines echten Makroobjektivs mithalten kann. Für Abbildungsmaßstäbe bis etwa 1:1 sind Zwischenringe dennoch eine überzeugend gute Lösung.

Naheinstellgrenze und Abbildungsmaßstab

Zwei technische Begriffe sind für die Makrofotografie entscheidend: Naheinstellgrenze und Abbildungsmaßstab.

Die Naheinstellgrenze beschreibt den kürzestmöglichen Abstand zwischen Sensorebene und Motiv, bei dem ein Objektiv noch scharf stellen kann. Diese Grenze wird nicht ab der Frontlinse des Objektivs gemessen, sondern ab der Sensorebene, die auf vielen Kameras mit dem Symbol Ø markiert ist. Ein Makroobjektiv mit einer Naheinstellgrenze von 30 cm, das selbst 14 cm lang ist, erlaubt also einen Mindestabstand von etwa 16 cm zwischen Frontlinse und Motiv.

Der Abbildungsmaßstab hingegen gibt das Größenverhältnis zwischen dem realen Motiv und seiner Abbildung auf dem Sensor an. Bei einem Maßstab von 1:1 (manchmal auch als 1× bezeichnet) wird das Motiv in Originalgröße abgebildet. Bei 1:2 erscheint es halb so groß, bei 2:1 doppelt so groß. Die Makrofotografie bewegt sich typischerweise im Bereich zwischen 1:10 und 10:1 – jenseits davon beginnt die Mikrofotografie.

Wichtig zu verstehen: Je näher man an ein Motiv herangeht und je größer der Abbildungsmaßstab wird, desto dramatisch geringer wird die Schärfentiefe. Dies ist eine der größten Herausforderungen bei Makroaufnahmen und erfordert häufig starkes Abblenden oder Techniken wie Focus-Stacking.

60 mm, 105 mm, 180 mm im Vergleich

Makroobjektive werden typischerweise in drei Brennweitenbereichen angeboten, die jeweils unterschiedliche Vorteile bieten:

Kurze Makroobjektive (50-60 mm) sind die kompaktesten und leichtesten Optionen. Aufgrund ihrer kurzen Brennweite muss man jedoch sehr nah ans Motiv heran, was bei scheuen Insekten problematisch sein kann. Diese Objektive eignen sich hervorragend für statische Motive wie Blüten, Pilze oder Produktfotografie. Ein weiterer Vorteil: Sie sind meist die preisgünstigsten Einstiegsoptionen in die Makrofotografie.

Mittlere Makroobjektive (90-105 mm) bieten einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Arbeitsabstand und Handlichkeit. Mit einem Arbeitsabstand von etwa 30-35 cm lassen sich auch empfindliche oder bewegliche Motive wie Schmetterlinge und kleine Insekten gut fotografieren. Diese Brennweite gilt als Klassiker für den Einstieg in die Makrofotografie und kann zusätzlich hervorragend für Porträts genutzt werden.

Lange Makroobjektive (150-180 mm) ermöglichen den größten Arbeitsabstand zum Motiv, was besonders bei scheuen Tieren vorteilhaft ist. Mit diesen Objektiven kannst du aus sicherer Distanz formatfüllende Aufnahmen von kleinen Tieren machen, ohne in deren “Fluchtdistanz” einzudringen. Der Nachteil: Diese Optiken sind deutlich schwerer, teurer und oft nur vom Stativ sinnvoll einzusetzen. Die längere Brennweite erzeugt außerdem eine geringere Schärfentiefe, was präzises Fokussieren erfordert.

Für Einsteiger in die Naturfotografie empfiehlt sich zunächst ein 100 mm Makroobjektiv als vielseitigste Lösung. Wer dagegen vorwiegend kleine, scheue Tiere fotografieren möchte, sollte gleich zu längeren Brennweiten greifen. Die kürzeren 50-60 mm Optionen sind hingegen ideal für kontrollierte Situationen oder wenn Gewicht und Mobilität besonders wichtig sind.

Unabhängig von der gewählten Brennweite gilt: Gute Makroobjektive erreichen mindestens einen Abbildungsmaßstab von 1:1, während normale Objektive typischerweise nur 1:7 bis 1:9 schaffen.

Kaufberatung: So findest du das richtige Objektiv

Der Kauf eines Objektivs für die Naturfotografie ist eine wichtige Investition, die gut überlegt sein will. Schließlich geht es hierbei nicht nur um erhebliche finanzielle Mittel, sondern um Ausrüstung, die dich möglicherweise viele Jahre begleiten wird. Im Gegensatz zu Kameragehäusen, die oft nach einigen Jahren durch neuere Modelle ersetzt werden, bleiben hochwertige Objektive deutlich länger aktuell und wertbeständig.

Budget realistisch einschätzen

Beim Objektivkauf solltest du zunächst dein Budget ehrlich definieren. Während ein 70-200mm Zoom bereits zwischen 800 und 1.500 Euro kostet, können Supertele-Objektive mit 500mm oder 600mm Brennweite schnell den Preis eines Kleinwagens erreichen. Ein realistisches Budget hilft dir, Enttäuschungen zu vermeiden.

Denke jedoch daran: Das teuerste Objektiv ist nicht automatisch das beste für deine Bedürfnisse. Für Einsteiger in die Landschaftsfotografie reicht oft ein gutes Weitwinkelobjektiv (14-35mm) oder ein Standardzoom (24-70mm), während ambitionierte Tierfotografen mindestens in ein 300mm oder 400mm Teleobjektiv investieren sollten.

Hast du ein begrenztes Budget, priorisiere zunächst ein Objektiv, das deinem Hauptinteresse entspricht, anstatt mehrere mittelmäßige zu kaufen. Ein hochwertiges 150-600mm Zoom kann beispielsweise vielseitiger sein als separate, aber qualitativ schlechtere Objektive für verschiedene Brennweitenbereiche.

Gebraucht kaufen oder leihen?

Der Gebrauchtmarkt bietet eine hervorragende Möglichkeit, hochwertige Objektive zu deutlich niedrigeren Preisen zu erwerben. Dank robuster Bauweise und schützender Beschichtungen liefern gebrauchte Objektive auch nach Jahren noch erstklassige Ergebnisse. Besonders interessant: Ein gebrauchtes Profi-Objektiv bietet oft bessere Bildqualität als ein neues Einsteigermodell zum gleichen Preis.

Beim Gebrauchtkauf hast du zwei Optionen:

  • Kauf von Privatpersonen: Meist günstiger, aber ohne Garantie
  • Kauf vom Händler: Etwas teurer, dafür mit Gewährleistung und geprüfter Funktionalität

Achte beim Privatkauf besonders auf die Linsen (keine Kratzer oder Pilzbefall) und teste unbedingt Autofokus und Bildstabilisator. Vermeide zudem verdächtig günstige Angebote, die oft Betrugsversuche sind.

Eine interessante Alternative zum Kauf ist das Leihen von Objektiven. Für spezielle Projekte oder seltene Einsatzzwecke kannst du professionelle Ausrüstung tageweise mieten – ideal, um ein bestimmtes Objektiv vor dem Kauf ausgiebig zu testen oder für eine einzelne Safari nicht gleich in ein teures Supertele investieren zu müssen.

Zukunftssicher investieren

Anders als bei Kameragehäusen, die alle paar Jahre durch neue Modelle mit besseren Sensoren ersetzt werden, können hochwertige Objektive durchaus jahrzehntelang genutzt werden. Daher lohnt es sich, langfristig zu denken.

Folgende Aspekte machen ein Objektiv zukunftssicher:

  • Robuste Bauweise mit Staub- und Spritzwasserschutz
  • Hohe optische Qualität, die auch zukünftigen hochauflösenden Sensoren standhält
  • Kompatibilität mit Adaptern für spiegellose Systeme

Denke außerdem darüber nach, wie dein fotografischer Werdegang aussehen könnte. Wirst du dich künftig mehr auf Landschaft, Makro oder Tierfotografie spezialisieren? Für Anfänger empfehlen sich zunächst universelle Zooms wie 24-105mm oder 100-400mm, die verschiedene Bereiche abdecken. Mit wachsender Erfahrung und spezifischeren Ansprüchen kannst du dann gezielt in spezialisierte Optiken investieren.

Fazit

Die Wahl des richtigen Objektivs für die Naturfotografie scheint zunächst überwältigend, allerdings öffnet die passende Ausrüstung Türen zu außergewöhnlichen Bildern. Tatsächlich bietet jeder Brennweitenbereich einzigartige kreative Möglichkeiten – vom dramatischen Weitwinkel mit 14-35mm für beeindruckende Landschaften bis zu mächtigen Supertele-Objektiven mit 500-600mm für scheue Wildtiere.

Für den Einstieg genügt oft ein vielseitiges Standardzoom zwischen 24-70mm oder ein flexibles Telezoom im Bereich 70-200mm. Diese decken bereits viele Situationen ab und erlauben erste Experimente in verschiedenen Bereichen der Naturfotografie. Später kann die Ausrüstung gezielt ergänzt werden – etwa durch ein echtes Makroobjektiv mit 90-105mm für Insekten und Blüten oder ein längeres Teleobjektiv mit 300mm für Tierfotografie.

Dabei gilt: Ein festgelegtes Budget sollte lieber in ein hochwertiges Objektiv investiert werden als in mehrere mittelmäßige. Alternativ bietet der Gebrauchtmarkt hervorragende Möglichkeiten, professionelle Optiken zu erschwinglichen Preisen zu erwerben. Unentschlossene können zudem Objektive zunächst leihen, bevor sie größere Investitionen tätigen.

Letztendlich geht es nicht darum, jedes verfügbare Objektiv zu besitzen, sondern diejenigen zu finden, die deinen fotografischen Stil unterstützen. Die Brennweite allein macht noch kein großartiges Bild – entscheidend bleibt das Auge hinter der Kamera. Dennoch öffnet das richtige Objektiv Türen zu fotografischen Möglichkeiten, die sonst verschlossen blieben. Deshalb lohnt es sich, Zeit in die Auswahl zu investieren und geduldig die eigene Ausrüstung aufzubauen, die perfekt zu deinen Bedürfnissen passt.

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