Eines der eindrucksvollsten Erlebnisse unserer diesjรคhrigen Norwegenreise war ohne Zweifel die nรคchtliche Balz der Doppelschnepfen (Gallinago media) โ ein faszinierendes Naturschauspiel inmitten eines abgelegenen Hochmoors. Die Begegnung mit diesen seltenen Schnepfenvรถgeln war nicht nur fotografisch eine Herausforderung, sondern auch emotional ein absolutes Highlight.
Doppelschnepfen-Fotografie abseits der bekannten Pfade
Die meisten bekannten Aufnahmen der Doppelschnepfe stammen aus einem Fjellgebiet nรถrdlich von Trondheim. Dort kรถnnen Naturfotograf:innen โ gegen Gebรผhr โ in vorbereiteten Tarnzelten eines norwegischen Ornithologen รผbernachten, um die Tiere zu beobachten. Doch wir entschieden uns bewusst fรผr den schwierigeren Weg: intensive Recherche in Fachliteratur und Online-Quellen, Kartenstudium und das mรผhsame Auffinden mรถglicher Balzplรคtze. Zwar bedeutet das mehr Aufwand und geringere Erfolgsaussichten, doch es schenkt einem ein ursprรผnglicheres, persรถnlicheres Naturerlebnis.
Ein seltener Vogel mit bewegter Geschichte
Die Doppelschnepfe gehรถrt zur Familie der Schnepfenvรถgel und war bis Anfang des 20. Jahrhunderts auch in Norddeutschland verbreitet. Heute ist sie dort fast vollstรคndig verschwunden โ die Grรผnde fรผr den massiven Rรผckgang sind bis heute nicht abschlieรend geklรคrt. Selbst in Skandinavien, einst ein Rรผckzugsgebiet dieser Art, schrumpfen die Bestรคnde spรผrbar. In Mitteleuropa gilt die Art als ausgestorben, mit Ausnahme weniger Vorkommen in Polen.
Lebensraum: Wo die Doppelschnepfe balzt und lebt
Der bevorzugte Lebensraum der Doppelschnepfen sind feuchte Hochmoore und sumpfige Regionen. Hier ernรคhren sie sich von Insekten, Wรผrmern und anderen Kleintieren. Hรคufig teilen sie sich diesen empfindlichen Lebensraum mit anderen Moorbewohnern wie der Bekassine โ mit der sie leicht verwechselt werden kann โ, sowie mit Kranich, Kiebitz und Birkhuhn. In hรถheren Lagen des Fjells trifft man sie auch gemeinsam mit Goldregenpfeifern oder anderen spezialisierten Arten der Tundra.

Die nรคchtliche Balz: ein Geheimnis der Juninรคchte
Besonders spektakulรคr ist die Balz der Doppelschnepfe, die in den kurzen Juninรคchten zur Hochform auflรคuft. An festen Balzplรคtzen, die tagsรผber kaum zu entdecken sind, versammeln sich bis zu 20 Mรคnnchen. Pรผnktlich mit dem Sonnenuntergang beginnt ihr Spiel: ein Wechsel aus Aufspringen, Flattern und eigenartig vibrierenden Lauten. Bis in die Morgendรคmmerung hinein dauert das Schauspiel โ ein akustisches und visuelles Erlebnis der besonderen Art.
Fotografieren im Grenzbereich
Fรผr Naturfotograf:innen ist die Doppelschnepfen-Balz eine technische Herausforderung. Selbst mit lichtstarken Objektiven und modernen Kameras sind bei ISO-Werten von 6400 oder mehr oft nur Belichtungszeiten von 1/60s mรถglich. Bewegungsunschรคrfe und Bildrauschen gehรถren zur nรคchtlichen Balz wie das Wollgras zum Moor. In unserem Fall war die robuste Nikon D3 die beste Wahl: Sie erlaubt auch bei hoher ISO akzeptable Ergebnisse und verzeiht dank geringerer Auflรถsung mehr Bewegungsunschรคrfe als etwa eine hochauflรถsende D800.
Zwei Nรคchte verbrachten wir frierend im Tarnzelt, beobachteten die Vรถgel im roten Schein der Mitternachtssonne und lauschten dem stรคndigen Wechselspiel ihrer Balzlaute. Immer wieder tauchten die Tiere wie Schatten aus dem Wollgras auf, bewegten sich mit katzenartiger Geschmeidigkeit und begannen erneut ihren Balzlauf โ nur wenige Meter entfernt von uns.
Fazit: Ein unvergessliches Erlebnis fรผr Naturfreunde
Die nรคchtliche Balz der Doppelschnepfe gehรถrt zu den intensivsten Naturerlebnissen, die man in Skandinavien erfahren kann. Fรผr uns war es ganz sicher nicht die letzte Reise zu diesen scheuen, geheimnisvollen Vรถgeln. Wer bereit ist, Zeit, Geduld und Recherche zu investieren, wird mit Momenten belohnt, die man nie wieder vergisst.