Die Balz der Doppelschnepfen

von Julius Kramer | 08.07.2014 | Erlebnisse

Eines der eindrucksvollsten Erlebnisse unserer diesjährigen Norwegenreise war ohne Zweifel die nächtliche Balz der Doppelschnepfen (Gallinago media) – ein faszinierendes Naturschauspiel inmitten eines abgelegenen Hochmoors. Die Begegnung mit diesen seltenen Schnepfenvögeln war nicht nur fotografisch eine Herausforderung, sondern auch emotional ein absolutes Highlight.

Doppelschnepfen-Fotografie abseits der bekannten Pfade

Die meisten bekannten Aufnahmen der Doppelschnepfe stammen aus einem Fjellgebiet nördlich von Trondheim. Dort können Naturfotograf:innen – gegen Gebühr – in vorbereiteten Tarnzelten eines norwegischen Ornithologen übernachten, um die Tiere zu beobachten. Doch wir entschieden uns bewusst für den schwierigeren Weg: intensive Recherche in Fachliteratur und Online-Quellen, Kartenstudium und das mühsame Auffinden möglicher Balzplätze. Zwar bedeutet das mehr Aufwand und geringere Erfolgsaussichten, doch es schenkt einem ein ursprünglicheres, persönlicheres Naturerlebnis.

Ein seltener Vogel mit bewegter Geschichte

Die Doppelschnepfe gehört zur Familie der Schnepfenvögel und war bis Anfang des 20. Jahrhunderts auch in Norddeutschland verbreitet. Heute ist sie dort fast vollständig verschwunden – die Gründe für den massiven Rückgang sind bis heute nicht abschließend geklärt. Selbst in Skandinavien, einst ein Rückzugsgebiet dieser Art, schrumpfen die Bestände spürbar. In Mitteleuropa gilt die Art als ausgestorben, mit Ausnahme weniger Vorkommen in Polen.

Lebensraum: Wo die Doppelschnepfe balzt und lebt

Der bevorzugte Lebensraum der Doppelschnepfen sind feuchte Hochmoore und sumpfige Regionen. Hier ernähren sie sich von Insekten, Würmern und anderen Kleintieren. Häufig teilen sie sich diesen empfindlichen Lebensraum mit anderen Moorbewohnern wie der Bekassine – mit der sie leicht verwechselt werden kann –, sowie mit Kranich, Kiebitz und Birkhuhn. In höheren Lagen des Fjells trifft man sie auch gemeinsam mit Goldregenpfeifern oder anderen spezialisierten Arten der Tundra.

Norwegisches Hochmoor
Lebensraum der Doppelschnepfe

Die nächtliche Balz: ein Geheimnis der Juninächte

Besonders spektakulär ist die Balz der Doppelschnepfe, die in den kurzen Juninächten zur Hochform aufläuft. An festen Balzplätzen, die tagsüber kaum zu entdecken sind, versammeln sich bis zu 20 Männchen. Pünktlich mit dem Sonnenuntergang beginnt ihr Spiel: ein Wechsel aus Aufspringen, Flattern und eigenartig vibrierenden Lauten. Bis in die Morgendämmerung hinein dauert das Schauspiel – ein akustisches und visuelles Erlebnis der besonderen Art.

Fotografieren im Grenzbereich

Für Naturfotograf:innen ist die Doppelschnepfen-Balz eine technische Herausforderung. Selbst mit lichtstarken Objektiven und modernen Kameras sind bei ISO-Werten von 6400 oder mehr oft nur Belichtungszeiten von 1/60s möglich. Bewegungsunschärfe und Bildrauschen gehören zur nächtlichen Balz wie das Wollgras zum Moor. In unserem Fall war die robuste Nikon D3 die beste Wahl: Sie erlaubt auch bei hoher ISO akzeptable Ergebnisse und verzeiht dank geringerer Auflösung mehr Bewegungsunschärfe als etwa eine hochauflösende D800.

Zwei Nächte verbrachten wir frierend im Tarnzelt, beobachteten die Vögel im roten Schein der Mitternachtssonne und lauschten dem ständigen Wechselspiel ihrer Balzlaute. Immer wieder tauchten die Tiere wie Schatten aus dem Wollgras auf, bewegten sich mit katzenartiger Geschmeidigkeit und begannen erneut ihren Balzlauf – nur wenige Meter entfernt von uns.

Fazit: Ein unvergessliches Erlebnis für Naturfreunde

Die nächtliche Balz der Doppelschnepfe gehört zu den intensivsten Naturerlebnissen, die man in Skandinavien erfahren kann. Für uns war es ganz sicher nicht die letzte Reise zu diesen scheuen, geheimnisvollen Vögeln. Wer bereit ist, Zeit, Geduld und Recherche zu investieren, wird mit Momenten belohnt, die man nie wieder vergisst.

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Balzende Doppelschnepfe mit offenem Schnabel im Moor.

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